Inhaltszusammenfassung:
Das BGB bietet Vertragsparteien nur in § 311b IV, V BGB die Möglichkeit, unter Ausschluss des zukünftigen Erblassers die Verteilung des zukünftigen Nachlassvermögens zu regeln. Die Grundproblematik beim Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten gem. § 311b IV, V BGB folgt hiernach immer einem bestimmten Standardfall: Zwei oder mehr Personen treffen eine Vereinbarung über einen Rechtsgegenstand, der in Verbindung zum Vermögen des zukünftigen Erblassers steht und damit den zukünftigen Nachlass betreffen könnte. Zusätzlich darf der Erblasser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht verstorben sein. Beispielsweise können so Geschwister schon zu Lebzeiten der Eltern vertraglich festhalten, dass einer der Geschwister die Eltern pflegen und versorgen wird. Im Gegenzug verzichtet der andere auf seinen in der Zukunft erwarteten Erb- und/oder Pflichtteil.
Trotzdem oder gerade wegen dieser im BGB einmalig vorkommenden Konstellation ist kaum ein Rechtsinstitut nach über hundert Jahren seit Inkrafttreten des BGBs noch immer so undurchsichtig und zweifelhaft, wie der Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten. Dies liegt zum einen an dem unklaren Wortlaut der Norm, an widersprüchlicher oder fehlender Rechtsprechung und an Lösungsansätzen in der Literatur, welche zu inkonsequenten Ergebnissen führen können. Ferner ist sich die Literatur auch uneinig über die tatsächliche praktische Relevanz von Verträgen über den Nachlass eines noch lebenden Dritten. Manche Autoren schreiben ihnen keine große Bedeutung zu. Andere hingegen sehen ein Bedürfnis für diese Verträge. Große Schwierigkeiten hierbei machen die verschiedenen Normzwecke des § 311b IV, V BGB, die nur allzu oft nicht sorgfältig getrennt werden. Die widersprüchliche Systematik bei den Vertragsobjekten in § 311b IV und V BGB führt zu Auslegungsproblemen. Auch große Uneinigkeit besteht darüber, wer alles als Vertragspartei in Frage kommt. Zusätzlich erschweren auch alltägliche schwer kontrollierbare Veränderungen im Lebensalltag die Problematik. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses liegen oft andere Umstände vor als später zum Zeitpunkt des Erbfalls. Diesem Umstand muss sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht hinreichend Rechnung getragen werden.
Diese Dissertation setzt sich zum Ziel, eine dogmatisch kohärente und auch an praktischen Gesichtspunkten orientierte Lösung für derartige Verträge zu entwickeln. Darüber hinaus sollen weitere Möglichkeiten für eine Gesetzesveränderung ausgelotet werden.
Die Untersuchung gliedert sich in vier Kapitel:
Das erste Kapitel widmet sich den Grundlagen des § 311b IV, V BGB und nimmt eine historische Einordnung der Norm vor.
Im zweiten Kapitel sollen die Problemfelder des § 311b IV, V BGB unter Analyse der Rechtsprechung und der Literatur de lege lata herausgearbeitet werden, die besonders problematisch erscheinen und sich für eine gesetzliche Korrektur anbieten.
Auf dieser Basis soll dann im dritten Kapitel der Untersuchung ein Vorschlag für eine aktuelle Norminterpretation und ein Vorschlag für eine eigene Gesetzesänderung unterbreitet werden.
Das vierte Kapitel fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Dissertation noch einmal in einer Schlussbemerkung zusammen.