Die Dissertation ist im Verlag erschienen und in der UB Tübingen unter der Signatur 64 A 3593:1 bzw. 64 A 3593:2 zu finden.
Die Dissertation untersucht den Umgang mit religiösen Wissensbeständen in der Handschriftenproduktion der Klöster St. Gallen und Fulda, um einen neuen Zugang zu den Diskussionen über vorbildliches christliches Leben in klösterlichen Netzwerken des 9. Jahrhunderts zu erschließen. Dabei stehen zwei Fragekomplexe im Zentrum: Zum einen interessiert sich die Arbeit dafür, wie auf lokaler Ebene über gutes Mönchtum nachgedacht, geschrieben und kontrovers diskutiert worden ist. Diese Untersuchungsebene ist auf Grund der unzureichenden Quellenlage bisher kaum fassbar gewesen. Sie stellt aber einen wichtigen kritischen Kontrapunkt gegenüber Forschungsnarrativen dar, die karolingerzeitliches Mönchtum unter dem Stichwort der „Anianische Reform“ überwiegend im Licht einer zentral vom Hof gesteuerten Reformpolitik verstanden haben. Indem die Arbeit untersucht, wie Mönche in ihren Handschriften aktiv mit ihrer schriftlichen Tradition umgegangen sind – welche Leitwerke sie sammelten und annotierten und wie sie sie kompilierten und kopierten – erfasst sie Vorstellungen von Mönchtum im 9. Jahrhundert, ohne diesen automatisch im Korsett der Leitfrage von Norm und Praxis die Ordnungsvorstellungen der Hofzirkel zu Grunde zu legen. Zum anderen werden die Ergebnisse fruchtbar gemacht, um über Verflechtungen zwischen Konzeptionen von Mönchtum und den übergeordneten Diskursen im Kontext der Correctio nachzudenken. Dabei legt die Analyse der monastischen Diskussionen konkrete alltagspraktische, soziale und kulturelle Bedingungen frei, unter denen gedankliche Konzepte innerhalb der karolingischen Eliten generiert und transformiert worden sind. Die Arbeit will damit auch einen Beitrag zu aktuellen Debatten über das konkrete Funktionieren karolingischer Ordnungs- und Normierungsbestrebungen leisten.