Rezeptions- und Interpretationsprozesse von Lehrpersonen bei datengestützten Entscheidungen. Exploration und Förderung

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/154651
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1546513
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-95988
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-07-03
Sprache: Deutsch
Fakultät: 6 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Erziehungswissenschaft
Gutachter: Bohl, Thorsten (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2024-04-22
DDC-Klassifikation: 370 - Erziehung, Schul- und Bildungswesen
Schlagworte: Datenkompetenz , Lehrer , Lehrerin , Digitalisierung
Freie Schlagwörter: Datengestützte Entscheidungen im schulischen Kontext
Data Literacy
Teachers
Data-based decision making
Digitization
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Im Rahmen der sogenannten Neuen Steuerung im Bildungswesen wird von Lehrkräften erwartet, Schule und Unterricht auf der Basis von Daten zu gestalten und weiterzuentwickeln. Dies wird häufig mit dem Ziel (verbesserter) fachlicher Leistungen von Schüler*innen verknüpft. Im Zuge der Digitalisierung im Bildungswesen liegen vermehrt leicht zugängliche Daten vor, die Lehrkräfte für datengestützte Entscheidungen nutzen können. Allerdings ist die Verfügbarkeit von Daten nur eine notwendige aber nicht hinreichende Voraussetzung für gelingende datengestützte Entscheidungen: Rahmenmodelle konzeptualisieren datenbasierte Entscheidungen von Lehrpersonen als einen zyklisch-sequenziellen Prozess, in dem Daten zuerst rezipiert und interpretiert werden müssen, um daraus Schlussfolgerungen für Anschlusshandlungen ziehen zu können, die dann umgesetzt und in ihren intendierten und nicht intendierten Wirkungen überprüft werden können. Studien, die den Umgang von Lehrpersonen mit Daten untersuchen, deuten insgesamt darauf hin, dass die data literacy von Lehrpersonen, also die entsprechenden Kompetenzen, eher niedrig bis moderat ausgeprägt sind und es Lehrpersonen schwer zu fallen scheint, Daten für die Gestaltung und Entwicklung von Schule und Unterricht zu nutzen. Dabei gelten Studien, die die Datenrezeption und -interpretation von Lehrpersonen fokussieren, als Desiderat. Dies gilt insbesondere für Studien auf der Mikroprozessebene mit einem Schwerpunkt auf ökologischer Validität, also für Studien, die Aussagen über alltägliche Prozesse erlauben. Diese Arbeit untersucht vor diesem Hintergrund die Datenrezeption und -interpretation von Lehrpersonen erstens explorativ fokussiert auf alltägliche kognitive Prozesse, zweitens konfirmatorisch mit Blick auf die Förderung entsprechender Kompetenzen bereits bei Lehramtsstudierenden und drittens konzeptuell hinsichtlich der entsprechenden Kompetenzen von Lehrpersonen im Kontext der zunehmenden Digitalisierung. Zur Adressierung von Forschungsfrage 1 wurden zwei explorative Studien durchgeführt (Artikel 1 und 2), in denen Lehrpersonen gebeten wurden, laut zu denken, d.h. ihre Gedanken und Überlegungen laut zu äußern, während sie aktuelle Leistungsdaten ihrer Klassen rezipierten und interpretierten. Dabei zeigte sich, dass die Lehrpersonen in der Tendenz die Daten mit niedriger bis mittlerer Komplexität rezipierten, d.h. direkt gegebene Werte ablasen oder miteinander in Beziehung setzten, wobei sich aber in beiden Studien deutliche Heterogenität zwischen den Lehrpersonen zeigte. Zudem lässt sich auf Basis von Studie 2 (Artikel 2) die Hypothese generieren, dass der Abgleich der Ergebnisse mit der eigenen Perspektive und die Analyse von Fehlern wichtig für die Formulierung von Handlungsmaßnahmen sind. Forschungsfrage 2 wurde untersucht, indem eine Interventionsstudie mit Lehramtsstudierenden durchgeführt wurde (Artikel 3), in der die Datenrezeption und -interpretation in einem Onlinesetting gefördert werden sollte. Dabei zeigte sich ein großer positiver Effekt auf die Kompetenzen von Lehramtsstudierenden. Zur Adressierung von Forschungsfrage 3 wurde auf der Basis von konzeptuellen Modellen und bisherigen Forschungsergebnissen für die These argumentiert, dass die data literacy von Lehrpersonen eine notwendige Voraussetzung dafür ist, dass sich die Potenziale, die mit einer verstärkten Digitalisierung für datengestützte Entscheidungen einhergehen, entfalten und mögliche dysfunktionale Wirkungen minimiert werden können. Auch wenn diese Arbeit nicht die gesamte (angenommene) Wirkungskette von datengestützten Entscheidungen untersucht, sondern lediglich die Rezeption und Interpretation von Daten fokussiert, trägt sie zu Erkenntnissen bei, wie Lehrkräfte in ihrem Alltag mit Daten umgehen, wie die entsprechenden Kompetenzen bereits bei angehenden Lehrpersonen gefördert werden und welche zentrale Rolle data literacy im Kontext der Digitalisierung einnimmt.

Abstract:

Teachers are supposed to use data as a basis for decisions concerning learning, instruction and developing schools, mainly to foster student learning. With the rise of digitization and technology, more data is more easily accessible. However, as conceptual frameworks indicate, data itself is not sufficient for improvement: As a first and crucial step, teachers have to make sense of data, i.e. notice and interpret them, to derive actions and finally evaluate these actions. Generally speaking, research reports that teachers show low to middle levels of data literacy and have difficulties concerning data-based decision making. However, there is more research needed on how teachers make sense of data. In particular, little is known about how teachers notice and interpret data in their daily practice from a process perspective. Against this background, this dissertation focuses on sensemaking and investigates, first, how teachers make sense of data in their daily practice, second, how data literacy of pre-service teachers can be fostered, and third, which role data literacy of teachers plays in the context of digitization. Concerning research question one, two exploratory think-aloud studies were conducted (paper 1 and 2). Teachers were asked to verbalize their thoughts while they made sense of the latest assessment results of their students. As a general result of both studies, most teachers showed low to middle levels of complexity, although there was substantial variance among teachers. In addition, one can derive the hypothesis from study two that analyzing errors and comparing results with the teacher’s personal perspective play an important role for constructing instructional implications. Concerning research question two, it was investigated how data literacy, especially sensemaking, of pre-service teachers can be fostered in an online setting (paper 3). This study shows a large positive effect on the data literacy of the students. To address research question three (paper 4), based on conceptual frameworks and previous research, it was argued that data literacy of teachers is a necessary prerequisite to unlock potentials and to minimize possible side effects of data-based decision making in schools in the context of digitization. Although this dissertation does not focus on the whole process of data-based decision making but only on sensemaking, it contributes to research in the field of data-based decision making and provides insights how teachers make sense of data in their daily practice, how data literacy of pre-service teachers can be fostered effectively and which central role data literacy of teachers plays in the context of digitization.

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