Inhaltszusammenfassung:
Weltweit wird ein Anstieg der Prävalenz von Prädiabetes und Diabetes beobachtet. Es ist davon auszugehen, dass sich ein relevanter Anteil von Prä-/Diabetikern auch im stationären Sektor wiederfindet. Geschätzte 2,0 % der erkrankten Diabetiker in Deutschland sind nicht diagnostiziert. Bei Prädiabetikern dürfte diese Zahl nochmals höher liegen.
Die Folgen eines gestörten Glucosestoffwechsels sind vielfältig und verlaufen häufig komplikationsreich. Damit verbunden ist eine hohe finanzielle Belastung des Gesundheitssystems. Viele dieser Komplikationen könnten verhindert werden, wenn Risikopatienten rechtzeitig detektiert und behandelt werden.
Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz von Prä-/Diabetikern in einem Level 1-Traumacenter zu ermitteln. Hierzu wurde im Zeitraum von zwei Monaten bei allen stationären Aufnahmen der HbA1c-Wert erhoben. Diese Kohorte wurde mit einem zeitlichen Abstand von 2 - 4 Monaten nochmals bezüglich des Auftretens von kurz- bis mittelfristigen Komplikationen ausgewertet. Um die Eignung der Fragebögen GDRS und FINDRISK auch als Screening-Instrument validieren zu können, wurden 1/3 der Patienten zusätzlich befragt.
36,1 % der Patienten waren Prädiabetiker. 7,8 % diagnostizierte Diabetiker und 9,2 % nicht-diagnostizierte Diabetiker. Diese Zahlen liegen deutlich über dem
Bundesdurchschnitt. Patienten mit einem HbA1c-Wert ≥ 5,9 % entwickelten signifikant häufiger eine kurz- bis mittelfristige Komplikation. Besonders häufig entwickelten Prä-/Diabetiker Wundheilungsstörungen, infektiös- und Implantatassoziierte
Komplikationen sowie Komplikationen mit Knochenveränderungen. Dabei wurden Prä-/Diabetiker signifikant länger stationär behandelt.
Besonders die klinische und die optimierte GDRS Version wiesen eine hohe Vorhersagekraft bezüglich bereits erhöhter HbA1c-Werte auf. Sie eignen sich somit auch als Screening- Instrument. Bei unserer Patientenklientel war eine so umfangreiche Erfassung der Risikofaktoren wie in den Originalversionen nicht nötig. Als Schlüsselfaktoren konnten wir bei den männlichen Probanden der Prä-/Diabetesgruppe höheres Alter und BMI, größeren Taillenumfang und verstärkten Zigarettenkonsum identifizieren. Die weiblichen Probanden waren diesbezüglich deutlich schwerer zu klassifizieren. Lediglich bei höherem Alter lag eine signifikante Assoziation mit erhöhten HbA1c-Werten vor. Bei erhöhtem BMI, größerem Taillenumfang und verstärktem Zigarettenkonsum wiesen sie Tendenzen für ein vermehrtes Vorkommen in der Prä-/Diabetikergruppe auf.
Aufgrund der von uns ermittelten hohen Prävalenzen von Prä-/Diabetikern erachten wir die Implementierung eines Screenings für alle Krankenhausaufnahmen als dringend notwendig. Betont wird dies durch das von uns beobachtete vermehrte Komplikationsauftreten ab einem HbA1c ≥ 5,9 % und die signifikant längere stationäre Behandlungsdauer von Prä-/Diabetikern. Durch die gezielte Abfrage der von uns definierten Schlüsselfaktoren lassen sich Risikopatienten sicher identifizieren. Dies erhöht die Effizienz für Laboranforderungen von HbA1c-Werten und spart Kosten.