Schlechter Schlaf, Depressionen und Ängste als Risikofaktoren für Delir bei geriatrischen Patientinnen und Patienten

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/172178
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1721787
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1721787
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-113503
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2025-11-14
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Eschweiler, Gerhard (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2025-09-23
Schlagworte: Delirium , Schlaf , Depression , Angst , Geriatrie
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Das Delir ist durch einen akuten Beginn und Fluktuationen in Kognition, Aufmerksamkeit und Bewusstsein gekennzeichnet. Es stellt eine der häufigsten Komplikationen bei älteren Patientinnen und Patienten im Krankenhaus dar, vor allem im postoperativen Setting. Das Delir selbst birgt zahlreiche Risiken, darunter eine längere Krankenhausaufenthaltsdauer, ein erhöhtes Risiko für funktionellen Verlust, eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und eine erhöhte Mortalität. Bereits bestehende Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Depressionen, Angst- und Schlafstörungen das Delir-Risiko beeinflussen können. Um eine frühzeitige Erkennung und Prävention zu ermöglichen, sind weitere Untersuchungen zum Delir generell und insbesondere zu den genannten Risikofaktoren und geeigneten Interventionsstrategien erforderlich. Vor diesem Hintergrund wurde die Frage untersucht, welche Rolle Schlafstörungen, Ängste und Depressionen bei älteren Patientinnen und Patienten für die Entwicklung eines Delirs oder einer kognitiven Verschlechterung spielen und wie diese Faktoren subklinisch miteinander wechselwirken. Zur Untersuchung dieser Forschungsfrage wurden drei Hypothesen formuliert. Die Studie umfasste 212 Teilnehmende aus vier Krankenhäusern in Süddeutschland, die während des Krankenhausaufenthalts sowie zu zwei späteren Zeitpunkten befragt wurden. Eine kognitive Verschlechterung wurde anhand einer Abnahme von mehr als zwei Punkten im MoCA-Test nach drei Tagen definiert. Ob ein Delir vorlag, wurde mittels mehrerer validierter Delir-Screeningtests (FAM-CAM, Nu-DESC, CAM-S) nach einer Woche ermittelt. Daten zu Schlaf, Depressionen und Ängsten wurden bei der Erstbefragung erhoben. Die Ergebnisse bestätigten bereits bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delirs bei älteren Menschen, darunter hohes Alter, Gebrechlichkeit, Demenz- und Parkinsonerkrankungen sowie eine präexistierende kognitive Beeinträchtigung. Insbesondere die Gebrechlichkeit erwies sich in logistische Regressionsanalysen als prädiktiv relevante Variable und lieferte in Kombination mit dem Alter eine hohe Vorhersagekraft für das Auftreten eines Delirs. Da die Erhebung der Clinical Frailty Scale einfach und kostengünstig im klinischen Alltag durchführbar ist, könnte sie als wertvolles prädiktives Instrument neben oder anstelle des MoCA-Tests genutzt werden. Hinsichtlich Ängsten und Depressionen ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne Delir oder kognitivem Abbau. Auch beim Schlafverhalten waren keine signifikanten Unterschiede feststellbar, jedoch deutete sich an, dass Teilnehmende mit Delir oder kognitiver Verschlechterung vor der Krankenhausaufnahme länger schliefen, eine bessere subjektive Schlafqualität erlebten und seltener Schlafmittel einnahmen. Eine subklinische Wechselwirkung von Depressionen, Ängsten und Schlaf mit konsekutiver Erhöhung des Delir-Risikos konnte nicht nachgewiesen werden, sodass alle drei formulierten Hypothesen abgelehnt wurden. Diese Ergebnisse sollten unter Berücksichtigung methodischer Limitationen interpretiert werden. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie 2020 konnten weniger Teilnehmende als ursprünglich geplant rekrutiert und nicht alle Folgebefragungen konsequent durchgeführt werden. Die Stichprobengröße stellt daher eine wesentliche Einschränkung dar. Zukünftige Studien sollten anstreben, in Folgeuntersuchungen die verwendeten Tests und die Teilnehmerstärke zu optimieren. Auch wenn die untersuchten Faktoren nicht als signifikante Risikofaktoren identifiziert werden konnten, liefert die vorliegende Arbeit wertvolle Impulse für zukünftige Forschung. Schlafqualität und emotionales Befinden sind, auch unabhängig von der Bedeutung für das Delir-Risiko, relevante Faktoren für die Lebensqualität vieler Menschen und sollten daher auch im Krankenhaus Beachtung finden. Weiterführend konnte mit der Clinical Frailty Scale ein prädiktiv wertvolles Instrument zur Risikoeinschätzung identifiziert werden. Weitere Forschung ist notwendig, um Risikofaktoren zu erkennen, zu minimieren und somit die gravierende Gefährdung des Delirs bei älteren Patientinnen und Patienten im Krankenhaus zu senken.

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