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Die Magnetresonanzspektroskopie des menschlichen Gehirns ist eine diagnostische Methode, um nicht-invasiv Aufschluss über die chemische Zusammensetzung eines untersuchten Hirnvolumens zu erhalten. Dabei spielt es im klinischen Alltag oft eine supportive Rolle, da die bekannten Zusammenhänge bis auf einige Ausnahmen oft nur eine grobe Einordnung verschiedener dysplastischer, genetischer und metabolischen Erkrankungen ermöglicht. Darüber hinaus gibt es jedoch auch einzelne Anwendungsbereiche für spezifische Fragestellungen wie der Differenzierung zwischen strahleninduzierter (Radiatio-)Nekrose und Tumorprogression bei Glioblastomen.
Nach der Akquisition eines FID-Signals, der Fourier-Transformation und dem Postprocessing wird in der Literatur oft eine Konzentrationsbestimmung von Metaboliten (die die Spektrenform bestimmen) mithilfe von Software-Implementationen wie LCModel vorgenommen. Spektren können als Linearkombinationen sogenannter den Metaboliten zugehörigen Basisspektren verstanden werden, deren Anteil proportional zu ihrer Konzentration im untersuchten Gewebe ist. Daher wird häufig versucht, eine passende Linearkombination dieser Basisspektren zu finden, die das tatsächlich vorliegende Spektrum hinreichend erklärt. Hierfür muss eine Annahme über die im Gewebe vorhandenen Metaboliten getroffen werden und es erfolgt eine Reduktion des Informationsgehaltes des Spektrums auf wenige Zahlen – den so ermittelten mutmaßlichen Metabolitenkonzentrationen.
Dabei finden andere im Spektrum enthaltene Informationen wie Frequenzverschiebungen, zusätzliche Peaks und Baseline-Verschiebungen keinen Eingang in die Auswertung. Ziel dieser Arbeit ist deshalb die visuelle, ganzheitliche Bewertung der Spektren nach dem Postprocessing (d.h. nach der Fourier-Transformation des FID-Signals, sowie Phasen- und Frequenzkorrekturen und der Normierung) sowie die Herstellung von Zusammenhängen zu diesen mit den untersuchten Erkrankungsbildern.
Dafür wurden im Rahmen dieser Arbeit durch die untersuchenden Radiologen archivierte SVS-PRESS-Datensätze untersucht und Diagnosen oder, falls nicht vorhanden, klinische Befunde zu den zugehörigen Patienten erhoben und in anonymisierten Listen festgehalten. Zusätzlich fanden die (nicht immer vorhandenen) Voxelpositionen und das Alter der Patienten Eingang in diese Liste.
Letzteres ist wichtig für die Vergleichbarkeit der Spektren, da sich die Gewebezusammensetzung mit dem Alter verändert und für unterschiedliche Hirnregionen unterscheidet.
In einem ersten Schritt zur visuellen Auswertung wurden die Spektren der Patienten mit den häufigsten Befunden bzw. Diagnosen jeweils überlagert und nach Voxelposition, Echozeit und Altersgruppen (oder Altersintervallen) getrennt und überlagert mit einem Referenzspektrum dargestellt. Das relative Alter der Patienten innerhalb der Altersgruppe fand über eine Farbkodierung Eingang.
Untersucht wurden dabei die Befunde bzw. Diagnosen „ätiologisch ungeklärte globale Entwicklungsstörung“, „unklare Myelinisierungsstörung“, Metachromatische Leukodystrophie, X-chromosomale Adrenoleukodystrophie, Morphologische Entwicklungsstörungen, Glioblastom, „ZNS-Vaskulitis“ und Hereditäre Spastische Spinalparalyse (HSP).
Es konnten dabei einige in der Literatur bekannte physiologische Altersentwicklungen beobachtet und bestätigt werden. Die „ätiologisch ungeklärte globale Entwicklungsstörung“ diente dabei bei Abwesenheit einer Kontrollgruppe als Referenz einer physiologischen Entwicklung der Spektren.
Beobachtet wurden bei diesen Spektren eine altersabhängige Zunahme des NAA-, des Glx- und des mI-Peaks, sowie eine Abnahme des Cho-Peaks mit Akzentuierung dieser Entwicklungen für jeweils verschiedene Voxelpositionen und Altersgruppen (meist jedoch für ein jüngeres Alter). Die altersabhängige Zunahme des mI-Peaks zeigt sich dabei im Widerspruch zur Literatur.
Im Kontrast hierzu wiesen Patienten mit X-chromosomaler Adrenoleukodystrophie und Patienten mit einer Hereditären Spastischen Spinalparalyse für verschiedene Altersgruppen eine altersbedingte Abnahme des NAA-Peaks und für den Cho-Peak eine altersbedingte Zunahme auf.
Es wurden zudem qualitative Unterschiede gefunden, die in der herkömmlichen Auswertungsmethode mithilfe des Findens von Linearkombinationen keinen Eingang finden: Spektren von Patienten mit einer Form der ZNS-Vaskulitis oder einem Glioblastom wiesen häufig eine Frequenzverschiebung der Metaboliten-Peaks auf. Glioblastom-Spektren wiesen zudem zusätzlich häufig verschobene Baselines, bizarre Spektrenformen und zusätzliche Peaks auf.
Zudem konnten auch einige in der Literatur bekannte quantitative Zusammenhänge bestätigt werden: Die für demyelinisierende Erkrankungen typischen Veränderungen wie eine Abnahme des NAA-Peaks, eine Zunahme des Cho- und mI-Peaks sowie für aktive Demyelinisierungsprozesse typische Laktat-Peaks wurden für verschiedene Erkrankungen gefunden und in der Literatur bekannte Zusammenhänge bestätigt.
Darüber hinaus wurden altersabhängige Entwicklungen der mI- und Glx-Peaks für Voxelpositionen in den Basalganglien gefunden, die in der Literatur noch nicht beschrieben worden zu sein scheinen.
Eine Auswertung der restlichen Spektren stellte aufgrund der Heterogenität der Befunde und Diagnosen der restlichen Patienten eine große Herausforderung dar. Zur besseren Nutzbarkeit wurden Diagnosen zu Diagnosekategorien zusammengefasst, von denen am ehesten davon auszugehen ist, dass sie sich in ihrem Einfluss auf die Stoffwechsellage des untersuchten Hirngewebes ähneln und somit ähnliche Spektren in den untersuchten Patienten hervorbringen.
Die Spektren dieser Diagnosekategorien wurden nach dem Postprocessing und einer linearen Interpolation für kanonisch gewählte Chemical-Shift-Werte gemittelt. Das bedeutet, dass für diese Chemical-Shift-Werte jeweils ein Mittelwert für die Amplitude der Spektren an dieser Stelle ermittelt worden ist. Das Ergebnis hiervon waren Durchschnittsspektren, die für jeden Chemical-Shift-Wert jeweils einen Durchschnittswert der Amplitude aller Spektren in der jeweiligen Diagnosekategorie als Wert besitzen.
Diese resultierenden Durchschnittsspektren boten Aufschluss über das gemittelte Verhalten der Spektren dieser Diagnosekategorien. Damit sollte untersucht worden, ob es möglich sei, mithilfe eines Spektrums eine eindeutige Diagnosezuordnung unter Einbezug von Patienten und Spektrenmetadaten wie der Altersgruppe (und Veränderungen der Durchschnittsspektren dieser Diagnosekategorien zwischen diesen), Voxelposition und Sequenzparametern zu erreichen. Dies konnte zwar nicht mit Sicherheit erfolgen, aber es konnte gezeigt werden, dass oftmals ein relativ spezifisches Verhalten der Durchschnittsspektren in Zusammenschau mit den Metadaten sichtbar wurde. U.a. zeigten sich für einige Diagnosekategorien Veränderungen, die zwar insgesamt unspezifisch sind, jedoch in einigen Kombinationen aus Voxelposition und Altersgruppe spezifisch auftrat.
Dadurch konnte gezeigt werden, dass die Interpolation und Mittelung von Spektren auf Grundlage von Diagnosekategorien und Metadaten (Voxelposition, Patientenalter und verwendete Echozeit) eine Möglichkeit bietet, neue Zusammenhänge zwischen Spektren und Erkrankungen zu finden, die über Konzentrationsbestimmungen hinaus gehen.
Nützliche Ergänzungen in weiterführenden Arbeiten wären das Erstellen von Diagnosekategorien auf der Grundlage von histopathologischen Arbeiten, Datensätzen mit systematisch erhobenen klinischen Befunden, zuverlässig erhobenen Metadaten wie der Voxelposition und verwendeter Feldstärke und das Verwenden angepasster Streuungsmaße. |
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