Inhaltszusammenfassung:
Im Unterschied zur Erwachsenenkriminalität ist die Justitiabilität
abweichenden Verhaltens auf dem Gebiet der Kinder- und Jugenddelinquenz
durch weitaus mehr offene Fragen hinsichtlich des (außer-)gerichtlichen
Vorgehens geprägt, weil bei Minderjährigen infolge ihrer fehlenden oder nur
bedingten Strafmündigkeit nicht auf das vergleichsweise starre
Sanktionsinstrument des Erwachsenenstrafrechts zurückgegriffen werden darf.
Daraus resultiert ein wesentlich umfangreicheres Rechtsfolgenspektrum, das
neben dem Jugendstrafrecht (wenn es zur Anwendung gelangt) die gesamte
Palette unterschiedlicher Reaktionsformen aus dem Kinder- und
Jugendhilferecht (SGB VIII) und aus dem Familienrecht bietet. Obwohl die
hiermit zusammenhängenden Fragen im Rahmen der universitären Ausbildung nur
sehr knapp angesprochen werden, sind in der Praxis zahlreiche Probleme zu
klären, wenn Kinder oder Jugendliche 'auf frischer Tat ertappt'
worden sind. Anders als im Erwachsenenstrafrecht trifft hierbei der
entstehende staatliche Reaktionsanspruch nicht nur auf den jeweiligen
Minderjährigen, sondern er sieht sich auch zugleich mit dem elterlichen
Erziehungsrecht konfrontiert, mit dem er sich auseinander zu setzen hat, um
eine pädagogisch sinnvolle Lösung zu erzielen. Der Besonderheit Rechnung
tragend, dass vor allem junge Menschen staatlicher Hilfe bedürfen, hat das
Jugendhilferecht jedoch nicht nur auf kriminelles Verhalten zu reagieren,
sondern es hat als Repräsentant des staatlichen Wächteramtes nach Artikel 6
Absatz 2 des Grundgesetzes ebenso dafür zu sorgen, dass das Kindeswohl
gewahrt wird, wenn der Minderjährige von den Eltern oder von anderen
Personen seines Umfeldes in eine Gefahrensituation gebracht wird. Von
besonderem Interesse sind hierbei die gegenseitigen verfassungs- und
einfachgesetzlichen Rechtsbeziehungen in der Triade 'Kind - Eltern - Staat'.