Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Veröffentlichung ist eine überarbeitete Version meiner Diplomarbeit, die im April 2005 der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als freie wissenschaftliche Arbeit eingereicht wurde.
Der Vollzug der Jugendstrafe basiert aktuell auf Normen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) und des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) sowie auf der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Jugendstrafe (VVJug). Eine eigenständige gesetzliche Grundlage für den Jugendstrafvollzug, die rechtsstaatlichen Bedingungen gerecht werden würde, fehlt bislang. Zwar ist man sich seit mehr als 25 Jahren darin einig, dass der Erlass eines Jugendstrafvollzugsgesetzes ein notwendiges Unterfangen wäre, jedoch ist es bislang keiner der eingesetzten Kommissionen gelungen, einen Entwurf vorzulegen, der den Ansprüchen der Landes- und Bundesregierung entsprochen hätte. Dogmatische sowie finanzielle Uneinigkeiten standen der Verabschiedung eines Jugendstrafvollzugsgesetzes stets im Weg. Mit dem aktuellen Entwurf von April 2004 beginnt erneut das Bemühen und Ringen der zuständigen Instanzen um einen erfolgreichen Abschluss.
Die vorliegende Diplomarbeit analysiert den aktuellen Gesetzesentwurf im Hinblick auf die darin enthaltene pädagogische Konzeption. Da dem Jugendstrafrecht laut JGG eine erzieherische Funktion zukommt und dadurch ein Spannungsverhältnis zwischen Erziehung und Strafe entsteht, ist es von großer Relevanz, welche Rahmenbedingungen ein Jugendstrafvollzugsgesetz für diese Arbeit legt. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wird der Analyse in dieser Arbeit der Erziehungsgedanke von Friedrich Schleiermacher zugrunde gelegt. Dies geschieht zum einen, weil er als bedeutender Pädagoge den Bereich der Strafe in der Erziehung berücksichtigt hat und zum anderen, weil sein Verständnis von Erziehung und Menschenbildung nach wie vor Geltung beansprucht. Die Aktualität von Schleiermachers Erziehungstheorie findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB) VIII (KJHG) bestätigt, da die Gesetzesformulierung in § 1 fast identisch dem Wortlaut Schleiermachers folgt. Die entworfene Erziehungstheorie dient anschließend als Grundlage für die Betrachtung des vorliegenden Gesetzesentwurfes. Ziel der Arbeit war es nicht, einen Gegenentwurf zu erstellen, sondern die im Entwurf des Jugendstrafvollzugsgesetzes enthaltenen Ressourcen und Mängel darzustellen und zu analysieren, inwiefern sie dem Erziehungsverständnis Schleiermachers und des SGB VIII gerecht werden.