Inhaltszusammenfassung:
Wie unsere Ergebnisse gezeigt haben, spielen im Drogenentzugsverfahren viele sozioökonomische Faktoren wie z.B. Alter, Geschlecht, Abhängig-keitsmodus (rein opiatabhängig oder polytoxikomane), Dauer des Opiat-konsums, vorherige Abbrüche, Anschlusstherapie, Bildung, Arbeits-situation, gerichtliche Auflagen, die Stärke der Entzugssymptome eine Rolle für das Gelingen einer Therapie.
Natürlich spielen bei der Frage, ob ein Patient die Behandlung vorzeitig beendet, weitere Faktoren eine Rolle, von denen hier nur einige exemplarisch untersucht werden konnten. Wichtige Faktoren sind die Entzugssymptome, dass Opiatverlagen und der Schweregrad der Krankheit. Hierbei können wir am ehesten auf die Entzugssymptome Einfluss nehmen.
Es werden verschiedene Medikamente zur Linderung der Entzugssymptome eingesetzt. Am häufigsten sedierende Antidepressiva wie z.B. Doxepin oder Antiepileptika zur Dämpfung der Entzugssymptome. Zum Beispiel das Valproat im Alkoholentzug, Carbamazepin im Benzodiazepinentzug, Lamotrigin und Gabapentin im Kokainentzug.
Die große Vielfalt der Symptome und die individuelle unterschiedliche Ausprägung der Symptome erschweren die Therapie und erfordern ganz individuelle Therapieansätze und Therapiemedikationen.
Trotz großer Bemühungen liegt die Abbruchquote weit über 60%. Deshalb haben wir an der Tübinger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie uns mit der Substanz Topiramat auseindergesetzt und diesen Heilversuch an 20 Patienten durchgeführt.
Das Antiepileptikum Topiramat hat drei Angriffspunkte: Erstens blockiert es die spannungsabhängigen Natriumkanäle und stabilisiert somit das Membranpotential. Zweitens hat es einen aktivierenden Einfluss auf die GABA- Rezeptoren und verstärkt damit die GABA vermittelte Inhibition. Und es hemmt die AMPA-Rezeptoren, einen Subtyp der Glutamat-Rezeptoren und damit das Auftreten AMPA-Induzierter Ströme. Dieser dreifache Wirkungsansatz unterscheidet Topiramat in erster Linie von den anderen Antiepileptika, die nur über 1 maximal 2 Mechanismen ihre Wirkung entfalten.
Die Ergebnisse über die Linderung der Entzugssymptome und die Häufigkeit der Entzugssymptome können hier als positiv bewertet werden. Die Grafiken, die den einzelnen Fällen beigefügt sind, beschreiben deutlich den Rückgang des Opiatverlangens und den Schweregrad der Krankheit unter Aufdosierung von Topiramat. Auch der Vergleich der Häufigkeiten der Entzugssymptome mit den Ergebnissen von Herrn Professor Ladewig zeigten, dass wir mit der Topiramattherapie die Häufigkeiten der Entzugssymptome auf weit über die Hälfte im vergleich zu Prof. Ladewigs Entzugssymptomen reduzieren konnten. Herr Ladewig stellt in der reinen Opiatgruppe Schlafstörungen mit 74% fest, bei uns sind es 39%, Schwitzen mit 85%, bei uns sind es 29%, Gänsehaut mit 85% bei uns sind es 24%, Ruhelosigkeit mit 70% bei uns sind es 32%.
Diese Ergebnisse zeigen, dass man die körperlichen Symptome mit Topiramat weit über 50% reduzieren kann.
Trotz der guten Ergebnisse haben wir eine Abbruchsquote von 50%, die aber immer noch unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 65% - 70% liegt. Der Grund hierfür liegt in einer Drogenepidemie, die wir auf Station hatten, bei der wir 6 (30%) der Patienten disziplinarisch entlassen mussten. Des Weiteren verließen 2 Patienten 10% die Station 1 Tag vor dem regulären Entlassungstermin, weil sie nach Hause zu Ihren Kindern wollten und durch eine Anschlusstherapie nicht länger von ihren Kindern getrennt sein wollten. Weitere 2 Patienten 10% verließen die Klinik vorzeitig, weil sie keine Entzugssymptome mehr hatten und der Meinung waren, ab jetzt selbst zu recht zu kommen. Dies macht deutlich, dass selbst nach starker Linderung der Entzugssymptome weitere Faktoren eine Rolle spielen, auf die man nur begrenzt Einfluss hat.
In weiteren Studien sollte das Topiramat mit anderen Medikamenten verglichen werden, um die guten Ergebnisse die hier erzielt worden sind, bestätigen zu können.