Gewalt im Strafvollzug

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URI: http://hdl.handle.net/10900/57183
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-571834
Dokumentart: PhDThesis
Date: 2014
Source: Tübinger Schriften und Materialien zur Kriminologie ; 32
Language: German
Faculty: 3 Juristische Fakultät
Department: Kriminologie
Advisor: Kerner, Hans-Jürgen (Prof. Dr.)
Day of Oral Examination: 2014-07-22
DDC Classifikation: 340 - Law
Keywords: Gewalt , Gefängnis , Subkultur , Risikofaktor , Strafvollzug
Other Keywords: Gefangene
Risikofaktoren
subculture
risk factors
prison violence
prisoner on prisoner violence
License: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Existenz von Gewalt unter Gefangenen in deutschen Haftanstalten ist spätestens seit dem Foltermord in der Justizvollzugsanstalt Siegburg im Jahre 2006 in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten. Auch in der Forschung widmet man sich seit diesem entsetzlichen Vorfall häufiger der Thematik, die zuvor selbst unter kriminologischen Wissenschaftlern eher vernachlässigt wurde. Die Erkenntnisse für den deutschen Strafvollzug sind in diesem Bereich dennoch gering. Das Anliegen der vorliegenden Untersuchung ist primär, den bisherigen Forschungsstand zur Gewalt im deutschen Strafvollzug im Wege einer Sekundäranalyse nachzuzeichnen. Außerdem soll eruiert werden, ob nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen subkulturelle Phänomene in der Haft Auslöser für Gewalt unter deutschen Gefangenen sein können. Im ersten Kapitel der Arbeit befasst sich die Verfasserin zunächst mit der Frage, welche Regelungen als Rechtsgrundlage für den Vollzugsdienst zum Schutz Gefangener vor wechselseitigen Übergriffen auf internationaler und nationaler Ebene vorhanden sind. Der Gesamtbefund geht dahin, dass die Lage lückenhaft geregelt ist und verbessert werden muss. Das zweite Kapitel arbeitet im Wege der Sekundäranalyse die bisherigen empirischen Befunde zu Ausmaß und Erscheinungsformen der Gewalt unter Gefangenen in deutschen Haftanstalten auf. Zugleich werden die amtlich berichteten Befunde aus den Besuchen des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) in deutschen Haftanstalten zusammengefasst und gewürdigt, um einen Überblick zum derzeitigen Wissensstand zu verschaffen und um einschätzen zu können, inwieweit der Haftalltag in Deutschland davon geprägt ist. Kapitel 3 behandelt zunächst die theoretischen Erklärungsansätze zur Bestimmung möglicher Risikofaktoren für die Gewalt unter Gefangenen. Anschließend werden zur Unterstützung entsprechender Befunde aus deutschen Studien exemplarisch auch internationale Erkenntnisse zu möglichen Risikofaktoren der Inhaftierten und der Justizvollzugsanstalten für das Gewaltverhalten Gefangener aufbereitet. Der zentrale Kern der Arbeit befindet sich in Kapitel 4, das sich mit der Frage beschäftigt, ob es nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen Zusammenhänge zwischen dem Gewaltverhalten unter Gefangenen und einer Subkultur im Gefängnis gibt, wie es häufig in der deutschen Strafvollzugsliteratur behauptet wird. Insgesamt werden vier Komplexe untersucht, von denen mehrheitlich behauptet wird, dass sie Einfluss auf das Gewaltverhalten unter Gefangenen haben. Die Sekundäranalyse stützt sich aufgrund der Knappheit deutscher Studien im Wesentlichen auf zwei englischsprachige Untersuchungen. Die Übertragbarkeit der ausländischen Forschungsergebnisse auf den deutschen Strafvollzug wird neben einem Vergleich mit den Befunden aus den wenigen deutschen Untersuchungen des Weiteren durch eine kritische Gegenüberstellung der persönlichen Eindrücke der Verfasserin untersucht, die sie aus Gesprächen mit Gefangenen gewonnen hat. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass nach aktuellen wissenschaftlichen Studien sowie den eigenen Eindrücken der Verfasserin aus der Praxis angenommen werden kann, dass die in verschiedenen Ausprägungen existierende Subkultur im Vollzug zu Gewalt unter Gefangenen führen kann. Der Forschungsstand lässt es bislang jedoch nicht zu, gesicherte Schlüsse zu ziehen. Weitere insbesondere empirische Forschung ist in diesem Bereich dringend angezeigt.

Abstract:

The issue of prisoner on prisoner violence in German prisons started to stir the awareness of the general public at the latest in the year 2006, when a case of fatal torture occurred in the youth prison of Siegburg in the Federal State of Northrhine-Westfalia. Subsequently to this horrible incident also scholarly research efforts turned more frequently to this subject which previously had been neglected even among researchers of corrections. However, the state of knowledge as acquired for the German penal system in this field is still rather low up to day, a situation which may probably change soon via the results of a larger study funded by the German Research Association elsewhere. The primary aim of the present study is, comparatively modest, to take meticulous stock of the current state of research on violence in German prisons through a secondary analysis of other recent projects resp. research results. In addition, the question will be thoroughly discussed whether according to the latest scientific evidence subcultural phenomena in custody can be a substantial trigger for violence among German prisoners. In the first chapter, the author deals in detail with currently legal and other valid rules resp. instruments on international and national levels, which provide a base, and partially also a formal duty, for the Correctional Service to protect prisoners against mutual attacks. The eventual conclusion is that the whole set of laws resp. rules needs to be improved. The second chapter analyses in depth and weighs the recent empirical findings concerning the extent and manifestations of violence among prisoners in German prisons. In addition, the officially reported findings from the visits of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) in German prisons are summarized and appraised in order to gain an overview of the current state of knowledge and in order to assess to what extent prison life in Germany is actually affected by it. The third chapter deals first with the extant theoretical models to determine possible risk factors for violence among prisoners. International developments on possible risk factors of the detainees and prisons for the violent behavior of prisoners are then considered in an exemplary manner. In the core chapter 4 the author stresses the central question whether there is actually, regarding the international state of knowledge, a causal link between the violent behavior among prisoners and a subculture in prison as German prison literature often claims. A total of four complexes is investigated, which are claimed by the majority of practitioners and scholars to have an influence on the occurrence of violent behavior among prisoners. The secondary analysis is mainly based on two English-language studies due to the scarcity of suitable German studies. The transferability of foreign research results to the German penal system is examined with a comparison of the findings from the few German studies, in addition with a critical comparison of the personal impressions of the author, which she has gained from interviews with prisoners. According to these sources the study concludes with the assumption that various extant forms of prison subculture in German prisons are conducive to violence among prisoners. In order to draw firm conclusions, however, more and broader conceived empirical research is urgently needed in this area.

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