Schwangerschaften bei Patientinnen mit rheumatischen Erkrankungen

DSpace Repository


Dateien:

URI: http://hdl.handle.net/10900/64035
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-640358
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-5457
Dokumentart: PhDThesis
Date: 2015
Language: German
Faculty: 4 Medizinische Fakultät
Department: Medizin
Advisor: Kötter, Ina (Prof. Dr.)
Day of Oral Examination: 2015-06-18
DDC Classifikation: 610 - Medicine and health
Keywords: Rheumatologie , Schwangerschaft
Other Keywords: Kollagenosen
Systemischer Lupus Erythematodes
Vaskulitiden
rheumatoide Arthritis
CVID
License: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
Order a printed copy: Print-on-Demand
Show full item record

Inhaltszusammenfassung:

Viele rheumatische Erkrankungen betreffen Frauen im gebärfähigen Alter. Patientinnen mit einer rheumatischen Grunderkrankung gelten als Risikoschwangere und diejenigen mit Kollagenosen und Vaskulitiden (insbesondere Takayasu-Arteriitis) als Hochrisikopatientinnen. In der vorliegenden Arbeit wurde das Gesamtergebnis von betroffenen Schwangeren und ihren Kindern untersucht. Dazu wurden die Daten von 74 Schwangerschaften bei 60 Patientinnen ausgewertet, die in der rheumatologischen Risikoschwangerensprechstunde des Universitätsklinikums Tübingen betreut wurden und im Zeitraum von 09/2004 bis 01/2013 ein oder mehrere Kinder zur Welt brachten oder zum Zeitpunkt der Datenanalyse in der Risikoschwangerensprechstunde behandelt wurden. In 60 Schwangerschaften (81,1%) lag eine Kollagenose vor. Darunter fand sich 45 mal (75%) ein Systemischer Lupus Erythematodes (SLE), 6-mal (10%) ein Sjögren-Syndrom, 2-mal (3,3%) ein Sharp-Syndrom, 2-mal (3,3%) eine Dermatomyositis, einmal (1,7%) ein Jo-1-Syndrom, 3 mal (5%) eine undifferenzierte Kollagenose, einmal (1,7%) ein primäres Antiphospholipid-Syndrom (APS) und 9 mal (15%) ein sekundäres APS bei SLE. 6 Schwangerschaften (8,1%) traten bei Vaskulitiden auf, davon 4 bei Takayasu-Arteriitis (66,7%) und 2 bei Morbus Behçet (33,3%). In 5 Schwangerschaften (6,8%) fand sich eine rheumatoide Arthritis (RA) und 3-mal (4,1%) eine angeborene Immundefizienz (CVID)-Erkrankung. Das mediane Alter der Patientinnen bei Geburt betrug 31 (17–45) Jahre. 25,7% der Schwangerschaften war bereits mindestens ein Abort vorausgegangen. 86,5% der Schwangeren befanden sich zum Zeitpunkt der Konzeption in kompletter Remission. Insgesamt kam es in 43,2% aller Schwangerschaften zu einem Schub der Erkrankung, dieser verlief bei 10,8% mild, bei 12,2% moderat und bei 20,3% schwer. In der Gruppe Kollagenosen waren 43,3% der Schwangerschaften von einem Schub betroffen, am häufigsten diejenigen mit sekundärem APS (55,6%). Bei den Vaskulitiden hatten 66,7% der Schwangeren einen Schub, bei rheumatoider Arthritis 20% und bei CVID 33,3%. Die Schubhäufigkeit war erhöht im Fall einer aktiven Erkrankung bei Konzeption, einer ungeplanten Schwangerschaft und eines Komplementverbrauchs in der Schwangerschaft bei Kollagenosen. Es traten folgende mütterliche Komplikationen auf: vorzeitiger Blasensprung (20,3%), vorzeitige Wehentätigkeit (4,1%), Gestationsdiabetes (4,1%), Infekte bzw. Wochenbettfieber (4,1%), An-/ Oligohydramnion (2,7%), Plazenta praevia (2,7%), verstärkte postpartale Blutungen (2,7%), Plazentainsuffizienz (2,7%), Präeklampsie/ HELLP-Syndrom (hemolysis, elevated liver enzymes, low platelet count) (1,4%), Gestose (1,4%), Zervixinsuffizienz (1,4%), Uterusatonie (1,4%) und Uterusruptur (1,4%). Keine der Schwangeren starb. Die Gesamtzahl der Kinder betrug 76. 4-mal (5,3%) kam es zu einem Abort (8.–22. SSW; alle bei Kollagenosen). Die Abortrate war erhöht bei Kindern von Schwangeren mit einem Schub, SSA-AK, SSB-AK und APL-AK. 72,3% der Kinder (n=65) kamen zeitgerecht zur Welt. Frühgeburten geschahen im Vergleich zur Normalbevölkerung überdurchschnittlich häufig (27,7%), insbesondere bei Kindern von Müttern mit Krankheitsaktivität bei der Konzeption, Schub in der Schwangerschaft, APS, APL-AK, SSA-AK oder Komplementverbrauch bei Kollagenosen. 57% der Kinder (n=62) wurden per Sectio geboren. 23,3% (n=60) waren SGA/IUGR (small for gestational age/intrauterine growth restriction). Das Risiko eines Kindes war hierfür besonders hoch bei Müttern mit vorausgegangenem Abort, APS, APL-AK, SSA-AK, SSB-AK und Kollagenosepatientinnen mit Komplementverbrauch. Der 1-Minuten-APGAR-Wert lag bei 8,5% der Neugeborenen (n=59) unter 7 (alle bei Kollagenosen). Nach der 5. Minute betrug der Wert bei allen Kindern jedoch mindestens 7. Die vorliegende Studie bezog erstmals auch den Nabelschnurarterien-pH-Wert der Kinder in die Auswertung ein. Dieser war bei 9 Kindern (n=56; 16,1%) aus der Gruppe Kollagenosen kleiner gleich 7,2, jedoch in keinem Fall kleiner als 7,0. Vier der 76 Kinder (5,3%) litten an einem neonatalen Lupus Erythematodes (NLE), davon 3 an einem kongenitalen Herzblock (CHB; AV-Block Grad III). Keine der Mütter hatte Hydroxychloroquin (HCQ) eingenommen. Dies bestätigt dessen angenommene protektive Wirkung gegen einen CHB. Außerdem wiesen alle 3 Mütter (100%) SSA-AK und 2 Mütter (66,7%) SSB-AK auf. Umgekehrt gebaren 7,7% der Schwangeren mit SSA-AK bzw. 8,3% derjenigen mit SSB-AK ein Kind mit CHB. Daher ist beim Vorliegen dieser Antikörper weiterhin eine engmaschige Überwachung der Schwangeren und des fetalen Herzens zu empfehlen. Das NLE-Risiko des Kindes war zudem erhöht bei Müttern mit Schub in der Schwangerschaft oder Komplementverbrauch bei Kollagenosen. Hinsichtlich der Medikamenteneinnahme der Mutter wurden bei den Kindern keine Fehlbildungen beobachtet. Vor allem bei Einnahme von HCQ war die Schubhäufigkeit deutlich vermindert (18,2%). Eine Antikoagulation schien insbesondere bei Nachweis von APL AK und Aborten in der Vorgeschichte von Vorteil. Die Komplementdiagnostik ließ sich als Verlaufsparameter nutzen und ist daher zu Beginn und während der Schwangerschaft zu empfehlen. Die Ergebnisse zeigten somit, dass durch eine gute Vorbereitung und engmaschige Betreuung während der Schwangerschaft an einem spezialisierten Zentrum auch Risikopatientinnen mit rheumatischen Erkrankungen in den meisten Fällen eine Schwangerschaft erfolgreich durchlaufen.

This item appears in the following Collection(s)