Inhaltszusammenfassung:
Die topische Behandlung Infantiler Hämangiome (IH) durch den Off-Label Einsatz von Timolol stellt durch das deutlich reduzierte Risikoprofil und die verhältnismäßig einfache Applikation im Vergleich zu einer systemischen Gabe eine äußerst vielversprechende Alternative zu bisher üblichen Behandlungsmethoden dar, insbesondere für das Patientenkollektiv der Frühgeborenen. Fehlende Leitlinien und pharmakologische Studien erschweren jedoch die Anwendbarkeit. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die transdermale Wirkstoffpermeation von Timolol bei Frühgeborenen unterschiedlichen Reifegrades mit IH genauer untersucht, um durch die gewonnenen Erkenntnisse die Therapiesicherheit einer dermalen Timololapplikation zu verbessern.
Die Analyse von Urinproben von Frühgeborenen mit IH während einer lokalen Behandlung mit einem 0,5 %igen Timololgel mittels HPLC lieferte erstmals Daten zu Timololkonzentrationen im Urin. Die bei 70 % der Proben nachgewiesenen Timololkonzentrationen verdeutlichen durch den bis zu 45-fachen Konzentrationsunterschied die Notwendigkeit, den Hautreifegrad der Frühgeborenen auch bei einer dermalen Therapie zu berücksichtigen.
Die Entwicklung und Implementierung eines Physiologiebasierten pharmakokinetischen (PBPK) Modells humaner Haut, welches durch Variation der vorhandenen Menge an Stratum corneum an unterschiedliche Entwicklungs- und Reifegrade der Haut von Frühgeborenen angepasst wurde, zeigte erwartungsgemäß, dass die Plasmaspiegelwerte von Timolol bei einer intakten Barrierefunktion der Haut deutlich niedriger sind, als ohne vorhandene Barrierefunktion.
Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit ein in vitro Permeationsmodell entwickelt, welches anhand von Schweineohrhaut mit durch Klebebandabrissen variierten Barriereeigenschaften die Hautbarriere von Frühgeborenen simuliert und die Untersuchung des Permeationsverhaltens von Timolol bei Frühgeborenen ermöglichte. Die Ergebnisse dieser Permeationsstudien bestätigten die Berechnungen des zuvor entwickelten PBPK Modells humaner Haut.
Die Simulation eines implementierten PBPK Modells des menschlichen Organismus ermöglichte es, die Ergebnisse der entwickelten Hautmodelle in erwartete Urinspiegelkonzentrationen von Timolol umzurechnen und somit den Vergleich mit den analysierten Urinproben der Frühgeborenen mit IH nach einer lokalen Timolol Behandlung. Der Vergleich zeigte eine äußerst gute Übereinstimmung und bestätigt die hohe Qualität der Vorhersage der entwickelten Hautmodelle.
Die in dieser Arbeit entwickelten PBPK und in vitro Modelle liefern somit für Timolol realistische Werte und können durchaus für die Abschätzung des Permeationsverhaltens und erwarteter Wirkstoffspiegel nach einer dermalen Wirkstoffapplikation bei Frühgeborenen verwendet werden. Die Entwicklung dermaler Applikationssysteme, welche an den kontinuierlichen Hautreifungsprozess von Frühgeborenen angepasst sind, kann durch den Einsatz der entwickelten PBPK und in vitro Modelle somit deutlich erleichtert und die Therapiesicherheit verbessert werden.